— Konzertreihe alter Musik —
Gesamtaufführung des „Mysterienzyklus“ von H. I. F. Biber, dem legendären Violinvirtuosen böhmischer Herkunft, der auch in Kremsier (Kroměříž) wirkte. Die einzelnen Sonaten werden an verschiedenen Orten im Schloss aufgefürt und von Robert Bachara gänzlich auswendig vorgetragen.
Samstag 31. Juli 2021 16:00 —
Erzbischöfliches Schloss,
Sněmovní náměstí 1, 767 01 Kroměříž (Kremsier), Tschechische Republik.
Der Erlös aus dem freiwilligen Eintrittsgeld wird für die Restaurierung von Unikaten aus dem Musikarchiv Kroměříž gespendet.
Fünf freudenreiche Mysterien | |
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1. d-Moll |
Verkündigung (Mt 1:18, Lk 1:26–38) Quem Virgo concepisti Præludium — Variatio — Aria allegro – (Variatio – Adagio – Finale) |
2. A-Dur |
Mariä Heimsuchung (Lk 1:39–56) Quem visitando Elisabeth portasti Sonata – (Presto) — Allaman: – (Presto) |
3. h-Moll |
Geburt Jesu Christi (Lk 2:6–7) Quem Virgo genuisti Sonata – (Presto – Adagio) — Courente — Double — Adagio |
4. d-Moll |
Darstellung im Tempel (Lk 2:22–32) Quem in templo præsentasti Ciacona – (Adagio piano – Presto – Adagio) |
5. A-Dur |
Der 12jährige Jesus im Tempel (Lk 2:41–50) Quem in templo invenisti Præludium — Presto — Allaman: — Guigue — Saraban: – (Double) |
Fünf schmerzhafte Mysterien | |
6. c-Moll |
Schmerz auf dem Ölberg (Lk 22:42–44) Qui pro nobis sanguinem sudavit Lamento – (Adagio – Presto – Adagio [Sarabande] – Adagio [Aria] – Adagio) |
7. F-Dur |
Christus an der Geißelsäule (Mt 27:26, Johs 19:1) Qui pro nobis flagellatus est Allamanda – (Variatio) — Sarab[anda]. — Variatio |
8. B-Dur |
Dornenkrönung (Mt 27:29, Johs 19:2) Qui pro nobis spinis coronatus est Sonata. Adagio – (Presto – [Adagio]) — Guigue — Double. Presto — Double 2 |
9. a-Moll |
Kreuztragung (Johs 19:17–22) Qui pro nobis crucem bajulavit Sonata — Courente — Double — [Double 2] — Finale |
10. g-Moll |
Kreuzigung (Johs 19:25–30) Qui pro nobis crucifixus est Præludium — Aria — [Variatio] — Adagio — [Variatio 3–5] |
Fünf glorreiche Mysterien | |
11. G-Dur |
Auferstehung (Mk 16:1–7) Qui resurrexit a mortuis Sonata — Surrexit Christus hodie — Adagio |
12. C-Dur |
Himmelfahrt (Apg 1:9–11) Qui in cælum ascendit Intrada — Aria Tubicinum — Allamanda — Courente — Double |
13. d-Moll |
Ergießung des heiligen Geistes (Apg 2:1–4) Qui Spiritum Sanctum misit Sonata — Gavott — Guigue — Sarabanda |
14. D-Dur |
Heimgang Mariens (Ps 15:10, 1 Kor 15:22–23) Qui te, Virgo, assumpsit [Præludium] – (Grave – adagio) — Aria – [Variatio 1–14] – Aria [Variatio 15–20] – Guigue [Variatio 21–29] |
15. C-Dur |
Krönung Mariens (Off 12:1) Qui te, Virgo, in cælis coronavit Sonata — Aria – [Variatio 1–3] — Canzon — Sarabanda – [Variatio] |
16. g-Moll |
Schützengel Paßagalia – (adagio – allegro – adagio) |
Heinrich Ignaz Franz Biber wurde 1644 in Wartenberg (Stráž pod Ralskemg) in Nordböhmen geboren. Nach dem Studium am Jesuitengymnasium in Troppau (Opava) trat er 1668 in den Dienst des Fürstbischofs Carl II. von Liechtenstein-Kastelkorn in Kremsier (Kroměříž), ging aber bereits nach zwei Jahren (unerlaubt) nach Salzburg, wo er in den Dienst des Fürst-Erzbischofs Maximilian Gandolf von Kuenburg eintrat. Biber blieb in Salzburg bis zu seinem Tod im Jahre 1704.
Biber wurde 1678 zum Vizekapellmeister des Erzbischofs ernannt. Wahrscheinlich im selben Jahr (vielleicht als Dankeschön für die Ernennung) komponierte er die Sammlung von 16 Stücken für Solovioline und Basso continuo, die heute als „Rosenkranzsonaten“ oder „Mysteriensonaten“ bekannt sind. Diese Namen sind modern, die Handschrift (heute in der Bayerischen Staatsbibliothek, D–Mbs mus.mss. 4123) hat kein Titelblatt, sondern nur eine Widmung an den Erzbischof. Die 16 Stücke haben ebenfalls keine Titel, aber jedes Stück ist mit einem Kupferstich-Medaillon gekennzeichnet, das eines der 15 Rosenkranzmysterien darstellt; die letzte Passacaglia zeigt den Schutzengel. Die Medaillons wurden aus einem großformatigen Einzelblattdruck „Kurtze Unterweisung“ von 1678 herausgeschnitten, der die Statuten der Salzburger Rosenkranzbruderschaft sowie eine Tabelle über die Ablässe für das Aufsagen des Rosenkranzgebetes enthält.
Die Rose und der Rosenkranz (Rosenkrone) sind Symbole der Jungfrau Maria. Im 16. Jahrhundert wurde das Rosenkranzgebet zum beliebtesten Ausdruck christlicher Frömmigkeit. Es wird auch den „Psalter der allerseligsten Jungfrau Maria“ genannt, denn genau wie die Klosterorden die 150 Psalmen Davids in einem vierwöchigen Turnus rezitieren, rezitiert das Rosenkranzgebet 150 Ave Maria. Sie sind in 15 Gruppen oder „Gesätzen“ unterteilt: Jedes Gesätz wird mit dem Vaterunser (Pater noster qui es in cælis) eingeleitet, gefolgt von 10 Ave Maria und endet mit der Doxologie (Gloria Patri et Filio et Spiritui Sancto).
Latein | Deutsch |
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Ave Maria, gratia plena, Dominus tecum. Benedicta tu in mulieribus, et benedictus fructus ventris tui, Jesus, |
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Gebenedeiet bist du unter den Weibern, und gebenedeiet ist die Frucht deines Leibes, Jesus, |
quem Virgo concepisti. | den du, Jungfrau, empfangen hast. |
Sancta Maria, Mater Dei, ora pro nobis peccatoribus nunc et in hora mortis nostræ. Amen. |
Heilige Maria, Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Absterbens. Amen. |
Jedes Gesätz ist mit einem der 15 Rosenkranzmysterien verbunden: den 5 freudenreichen Mysterien, den 5 schmerzhaften Mysterien und den 5 glorreichen Mysterien. Der Text des jeweiligen Mysteriums wird in das Ave Maria eingefügt, siehe Beispiel.
Um das Zählen der Gebete zu erleichtern, wird eine Schnur mit Perlen verwendet („Rosenkranz“ in übertragenem Sinne). Sie umfasst gewöhnlich 5 Gesätze (3mal rezitiert) und hat eine große Perle für jedes Pater noster und eine kleine für jedes Ave Maria. Zusätzlich markiert ein Kruzifix das Apostolische Glaubensbekenntnis (Credo in unum Deum), das am Anfang des Rosenkranzgebets vorzusprechen ist. Die Gebetsschnur muss gesegnet sein (vom Papst oder einem von ihm Bevollmächtigten).
Den Mitgliedern der Rosenkranzbruderschaft wird für jedes Vorsprechen des vollständigen Rosenkranzgebets (15 Gesätze) einen Ablass gewährt, typisch 7 Jahre und 7 Quadragenen (40 Tage), oder an bestimmten Feiertagen einen vollständigen Ablass. Der Ablass konnte auch für Seelen von Verstorbenen im Fegefeuer verwendet werden. Man konnte sogar jemanden anderen das Rosenkranzgebet für sich vorsprechen lassen.
Die Salzburger Rosenkranzbruderschaft wurde 1632 vom Abt der Peterskirche gegründet, zog aber bald in die neu gebaute Aula Academica der Benediktineruniversität um. Wir können vermuten, dass die Rosenkranzsonaten für diese Aula oder für die von der Bruderschaft veranstalteten Prozessionen gedacht waren. Die abschließende prachtvolle Passacaglia könnte auch für ein anderes Gemeinde der Universität bestimmt gewesen sein, die Bruderschaft des Schutzengels.
Die Einzigartigkeit dieser Sammlung liegt in ihrem programmatischen Plan, in dem jede Sonate einer Perle des Rosenkranzes entspricht, aber auch in der komplexen Verwendung von Skordaturen (für die Saiten der Violine werden unterschiedliche Stimmungen vorgeschrieben), die für jede Sonate einzigartig sind. Für die erste Sonate „Verkündigung“ und die abschließende Passacaglia gab der Komponist die klassische Quintenstimmung vor, aber für die anderen gibt es verschiedene Kombinationen von Terzen, Quarten und Oktaven. Aufgrund der unterschiedlichen Spannung der Saiten und der Möglichkeit, auf den leeren Saiten offene Akkorde zu spielen, vermitteln die Sonaten unterschiedliche Gemütslagen, die dem jeweiligen Thema entsprechen. Die Skordaturen — wie auch die Struktur des gesamten Zyklus und der einzelnen Sonaten und ihrer Sätze — haben auch eine tiefere symbolische und numerologische Bedeutung.
Robert Bachara wurde 1985 in Wrocław (Breslau), Polen, geboren. Im Alter von sieben Jahren trat er dem Knabenchor Pueri Cantores Wratislavienses bei, wo sein musikalisches Talent entdeckt wurde. Im folgenden Jahr begann er, bei Michail und Victor Kuznetsov Geige zu lernen. Anschließend studierte er Violine bei Krzysztof Bruczkowski an der Karol-Lipiński-Musikakademie in Wrocław und machte 2009 seinen Abschluss; im selben Jahr qualifizierte er sich auch für das Halbfinale des 4. Tadeusz-Wroński-Wettbewerbs für Solo Violine (Warschau). Sein Spiel perfektionierte er in Meisterkursen bei Ida Händel, Grigori Żyslin und Jadwiga Kaliszewska.
Als Solist trat Robert erstmals im Alter von 13 Jahren in Henryk Wieniawskis „Fantaisie brillante sur desmotives de l’opéra Faust de Gounod“ mit dem Philharmonischen Orchester Breslau auf. Im Jahr 2007 tourte er mit dem Barock Orchester Berlin (Stefan Bevier) durch Europa und spielte als Solist in über hundert Konzerten. Er trat auch bei vielen Musikfestivals auf, wie zum Beispiel Wratislavia Cantans, Festiwal Muzyki Wiedeńskiej und Polonia Cantans.
Robert Bachara unterrichtete ab 2010 Violine an der Musikakademie in Łódź, später an der Breslauer Musikakademie, wo er auch Dekan der Musikfakultät war. Er beschloss, diese prestigeträchtigen Positionen aufzugeben und sich ausschließlich dem Spiel der Barockvioline zu widmen. Seit 2016 ist er Konzertmeister und Solist des Orchesters Capella Cracoviensis, aber er interessiert sich auch besonders für das Repertoire für Solovioline ohne Basso continuo. Seine Doktorarbeit ist unbekannten Soloviolinwerken deutscher Komponisten gewidmet. Bei seinen Solorecitals, die er ausschließlich auswendig spielt, konzentriert er sich unter anderem auf die Gesamtaufführung der Kernwerke der barocken Violinliteratur (Bachs Sonaten und Partiten, Bibers Rosenkranzsonaten, Vilsmayr, Westhoff).
Web: facebook.com/robert.bachara
Jan Čižmář ist ein vielseitiger Interpret mit Spezialgebiet historische Zupfinstrumente. Er tritt regelmäßig in Europa, Asien und den USA auf, u. a. mit dem Concertgebouw-Orchester, dem Orchestra of the Age of Enlightenment, Orchester des 18. Jahrhunderts, Rotterdams Philharmonisch Orkest, der Capella Cracoviensis und dem {oh!} Orkiestra Historyczna, sowie unter Dirigenten wie Frans Brüggen, Christopher Hogwood, Giovanni Antonini, Yannick Nézet–Séguin und Christina Pluhar. Er gibt auch Solokonzerte mit Barock- und Renaissancemusik und ist künstlerischer Leiter des Ensemble Plaisirs de Musique.
Nach dem Studium der Gitarre und Musikwissenschaften in seiner Geburtsstadt Brünn studierte er bei Jakob Lindberg an der Royal College of Music in London, wo er begann die Laute zu spielen. Danach studierte er am Koninklijk Conservatorium in Den Haag bei Nigel North, Joachim Held, Mike Fentross and Christina Pluhar. Er gründete und war Herausgeber der tschechischen Zeitschrift Kytara (Die Gitarre) und schreibt regelmäßig für andere Musikzeitschriften. Er ist auch intensiv mit Verlags- und Forschungsaktivitäten im Bereich der Alten Musik beschäftigt. In 2010 gründete er die Hudební lahůdky (Musikalische Leckerbissen), deren künstlerischer Direktor er ist.
Jan Čižmář unterrichtet derzeit Laute und verwandte Instrumente an der Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien, der Karol-Szymanowski-Musikakademie in Katowice (Polen), der Janáček-Akademie für Musik und darstellende Kunst in Brünn, dem Konservatorium in Budweis (České Budějovice) und der Vítězslava-Kapralová-Musikschule in Brünn; pädagogisch war er auch an der Akademie für Alte Musik der Masaryk-Universität in Brünn tätig. Er gibt regelmäßig Kurse und Meisterklassen in Europa und in Übersee.
Er tritt auf einige Dutzende CDs auf; in 2020 erschien bei Supraphon seine erste Solo-CD, die der Musik des Codex Jacobides gewidmet ist.
Web: www.jancizmar.com
Die Veranstaltung ist Teil des Projektes „Kroměříž Schlossfestival – Musica Cremsiriense“, das mit finanzieller Unterstützung des tschechischen Kultusministeriums stattfindet unter Mitfinanzierung durch das Projekt „Geladen – Offen. Digitalisierung, Zugang und pädagogische Nutzung von Kunstsammlungen in Gedächtnisinstitutionen“, das von den EWR- und Norwegen-Fonds 2014–2021 finanziert wird.